Die liebe Yvi von Mamasdaily ruft in ihrer Blogparade dazu auf, unseren schönsten Moment mit Kind zu teilen. Manchmal enstehen die schönsten Momente ja aus schlimmen Situationen, wie es bei mir der Fall war. Dies ist meine Geschichte:

Vor ziemlich genau vier Jahren machten wir uns daran, unser erstes Kind zu zeugen. Natürlich klappte es nicht auf Anhieb und nach ein paar erfolglosen Monaten beschlossen wir, noch einmal einen größeren Urlaub zu machen. Mit dem Schiff durchs Mittelmeer wollten wir reisen. Und wie sollte es anders sein, zeigte  der Schwangerschaftstest zwei Tage vor Abfahrt einen zweiten Streifen an. Diagnose schwanger? Meine Frauenärtzin konnte auf dem Ultraschall noch nichts entdecken. Sie meinte, dass es einfach noch zu früh sei. Es wurde ein Bluttest gemacht, dessen Ergebnis ich telefonisch nach ein paar Tagen abfragen konnte. Ich solle aber ruhig in den Urlaub fahren, meinte die Ärztin. Was sollte schon passieren?

Das etwas passieren würde war sehr unwahrscheinlich

Wir flogen also zum Starthafen und bezogen unsere Kabine. Alles war gut. Nach zwei Tagen rief ich in der Praxis an und mir wurde die Schwangerschaft bestätigt. Die Freude war groß. Zunächst. Denn es ging mir immer schlechter. Ich hatte Bauchkrämpfe und Rückenschmerzen und natürlich keine Ahnung, ob das alles normal ist. Dass ich mir Sorgen machte, ist eine Untertreibung. Eines morgens, als wir gerade den Hafen von Korsika ansteuerten, kam es wie es kommen musste. Ich hatte Blutungen. Der Besuch beim Schiffsarzt brachte nur eine Überweisung an das örtliche Krankenhaus. Da wir kein Wort französisch sprachen, wurde noch eine Dolmetscherin organisiert. Diese verschwand dann allerdings nach dem Check-In in der Notaufnahme wieder. Für den Notfall gab sie uns immerhin ihre Telefonnummer.

Nach einer halben Ewigkeit des Wartens  untersuchte mich schließlich ein sehr netter, älterer und erfahrener Arzt. Er konnte kaum Englisch, daher versuchte mein Mann sich mit seinem Schulfranzösisch! zu verständigen. Und Händen und Füßen. Er untersuchte mich sehr lange im Ultraschall, der überraschenderweise hochmodern war. Das Erscheinungsbild des Krankenhauses selbst ließ dies auf jeden Fall nicht erwarten. Ich war sehr aufgeregt, während der Arzt versuchte mir irgendetwas über Herzschlag und Kalender zu erklären. Sprich, ich hatte keine Ahnung was er mir sagen wollte. Zurück in der Notaufnahme fand die leitende Ärztin dann jedoch klare Worte: „The Baby is gone“. Das und, ach ja, man müsse mir noch irgendwas spritzen wegen irgendwelchen Rhesus-Faktoren, sonst könne ich keine weiteren Kinder mehr bekommen! Sch* WAS?

Die Anti-D-Prohylaxe verhindert die Abstoßung nachfolgender Kinder

Heute weiß ich, dass es zur Antikörperbildung kommen kann, wenn die Eltern unterschiedliche Rhesus-Faktoren haben. Mein Mann ist Rhesus positiv, ich bin Rhesus negativ. Bei nachfolgenden Schwangerschaften kann dies zu Abstoßreaktionen des Ungeborenen führen. Um die Antikörperbildung zu unterbinden, wird daher standardmäßig eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe gespritzt. Der ganze Zusammenhang wird hier gut erklärt.

Natürlich war der Wirkstoff nicht vorrätig. Die Ärztin schrieb uns alles auf einen Zettel und schickte uns zur nächsten Apotheke. Die notwendige Spritze sollte mir anschließend der Schiffsarzt geben. In der dritten! Apotheke waren wir dann endlich erfolgreich. Ich dachte, ich werde wahnsinnig. Zurück am Schiff war dann weder der Schiffsarzt zu sprechen, noch konnte das Personal den Wirkstoff in der Zwischenzeit kühl lagern. Wir bekamen einen Eimer voll Eis an der Bar. Die war immer offen.

Der Schiffsarzt, der nicht spritzen wollte, und der Schiffsoffizier, der nicht warten wollte

Am Abend hatte der Schiffsarzt dann endlich Sprechstunde. Ich hatte in den letzten Stunden nur noch geweint, wollte nur noch diese blöde Spritze und mich dann im nächsten Eck verkriechen. Die Spritze wollte mir der Arzt aber nicht geben. „Ich kenne mich in dem Thema nicht aus und kann es daher nicht verantworten. Gehen Sie wieder zurück ins Krankenhaus“ sagte er. Dann übergab er das Wort an den herbeigeholten Schiffsoffizier, der uns darauf aufmerksam machte, dass das Schiff in zwei Stunden planmäßig ablege und nicht auf uns gewartet werden kann. Ich dachte, ich wär im falschen Film!

Wir hechteten also zum nächsten Taxi, das allerdings nicht wie versprochen am Hafen wartete, sondern wir aus einer Seitengasse in der Stadt zogen, und fuhren ins Krankenhaus zurück. Dank der Dolmetscherin, die tatsächlich auf unseren Hilferuf reagiert hatte, schafften wir es auch kurz vor Deadline wieder aufs Schiff.

Der Urlaub war vorbei und ich wollte nur noch nach Hause

Am nächsten Tag war Seetag. Ich lag den ganzen Tag im Bett und trauerte. Manche mögen das für übertrieben halten, schließlich war ich nur ein paar Tage schwanger und ein Abort ist in diesem frühen Stadium auch nichts ungewöhnliches. Andere hätten die Schwangerschaft gar nicht erst bemerkt. Alles richtig. Trösten konnte mich das allerdings nicht. Der Urlaub war für mich auf jeden Fall vorbei.

Wir buchten für den nächsten Hafentag einen Flug nach Hause. Als wir für den Rückflug den Check Out vornehmen wollten, erklärte uns die Schiffsrezeptionistin, dass es nicht möglich sei, das Schiff ohne Anmeldung am Hafen vorzeitig zu verlassen. Zwei Tage zuvor wollten sie uns noch einfach zurücklassen! Aber vielleicht haben sie uns auch einfach nur angelogen, damit wir uns beeilen. Ich bin mir nicht sicher was ich schlimmer finde. Auf jeden Fall ließen wir uns nicht davon abhalten, von Bord zu gehen.

Daheim angekommen machte ich natürlich sofort einen Termin bei meiner Frauenärztin. Gleich am nächsten Tag sollte ich in die Praxis kommen, wo dann alles Weitere, unter anderem auch, ob eine Ausschabung notwendig sei, besprochen werden sollte. Eine Ausschabung! Der Alptraum schien kein Ende zu haben. Ich wollte, dass einfach endlich alles vorbei ist. Im Termin hatte die Ärtzin dann sogar diesen ernsten, professionell mitfühlenden Blick, den ich sonst nur aus Greys Anatomy kannte. Aber vielleicht bildete ich mir das auch ein.

Ich glaube ich habe mich verhört!

Nachdem ich meiner Frauenärztin die ganze Geschichte geschildert hatte, wollte sie sich per Ultraschall erst einmal selbst einen Überblick über die Situation verschaffen. Ich wappnete mich innerlich und harrte der Dinge, die da kommen mögen. Wäre dies ein Drehbuch, würde die folgende Minute wohl so aussehen:

Ärtzin: „Na, da schauen wir uns das doch erst mal genauer an“.

Hauptdarstellerin schweigt bedrückt.

Ärztin: „Hä, was hat der Arzt denn da gesehen? Da ist es doch! Und da ist auch der Herzschlag. Gratulation, Sie sind schwanger!“

Hauptdarstellerin ist vor Schock wie erstarrt: „WAAAS?“

Ärztin: „Ja, alles in Ordnung. Um einen Herzschlag zu sehen, war es wahrscheinlich einfach noch zu früh. Jetzt ziehen Sie sich mal wieder an und dann besprechen wir alles Weitere vorne im Sprechzimmer“

Hauptdarstellerin geht wie in Trance ins Umkleidezimmer. Ende der Szene.

Der schönste Moment

Als ich dann schließlich realisierte, dass ich immer noch schwanger war, ich immer noch ein Baby bekommen würde, war das mein schönster Moment. Ein Moment des Begreifens, wenn einem die Glückshormone überfallen  und einem davon fast schwindelig wird.

Meine Kinder haben mir seit diesem Tag noch viele Glücksmomente geschenkt. Aber der erste, schönste Moment mit Kind war, als ich halb nackt in der Umkleide der Arztpraxis stand, die Hände auf meinen Bauch legte und dachte: „Du bist geblieben, mein Baby, mein Wunder, du bist noch da“.

Im Sprechzimmer bekam ich von meiner Frauenarztin dann ein ganzes Paket mit Info- und Warnbroschüren über Gefahren in der Schwangerschaft. Diese waren Startpunkt für ein ganz neues, paranoides und wahnsinniges schwangeres ICH. Ein Ich, dass selbst Angst vor Salatbeilagen hatte. Aber diese Geschichte erzähle ich euch ein anderes Mal!

Und solltet ihr nicht genug bekommen von den schönsten Momenten mit Kind, schaut euch hier auch die anderen Geschichten an!

Eure Silvia

Bildquelle: pixabay